Neue Erkenntnisse über die Rolle von kalorienarmen/-freien Süßungsmitteln bei der Reduzierung von Zucker und Kalorien, bei Gewichtsmanagement und Diabeteskontrolle

Wissenschaftliche Nachrichten vom 39. Internationalen Symposium zu Diabetes und Ernährung (DNSG 2022)

Das Wichtigste in Kürze:

  • wie eine neue systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse kontrollierter klinischer Studien belegt, kann der Ersatz von Zucker durch kalorienarme/-freie Süßstoffe zur Verringerung von Körpergewicht und Adipositas beitragen, ohne dass davon der Blutzuckerspiegel betroffen wird oder andere kardiometabolische Risikofaktoren entstehen.
  • Der Ersatz von zuckergesüßten Getränken durch kalorienarm/-frei gesüßte Getränke ist mit niedrigerer Adipositas und einer geringeren Inzidenz von Herzkrankheiten verbunden, wie Substitutionsanalysen von Beobachtungsstudien zeigen.
  • Wissenschaft muss besser vermittelt werden, damit Verbraucher die Rolle von kalorienarmen/-freien Süßungsmitteln bei Gewichtsmanagement und Diabeteskontrolle verstehen.

 

Auf dem 39th International Symposium on Diabetes and Nutrition der Diabetes and Nutrition Study Group (DNSG) der European Association for the Study of Diabetes (EASD), das vom 16. bis 19. Juni 2022 im griechischen Athen stattfand, wurden neue Erkenntnisse zur Rolle von kalorienarmen/-freien Süßungsmitteln bei Gewichtsmanagement und Diabeteskontrolle vorgestellt.

Unter der Beteiligung von international renommierten Wissenschaftsexperten wurden auf der Veranstaltung zu den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen über kalorienarme/-freie Süßstoffe die Ergebnisse einer kürzlich von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführten systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse vorgestellt.

Neue Erkenntnisse unterstützen konsistent die nützliche Rolle kalorienarmer/-freier Süßungsmittel

Aktuelle systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen von randomisierten kontrollierten Studien (RCT), bei denen die gesamte wissenschaftliche Literatur berücksichtigt wurde, zeigen konsistent eine günstige Wirkung kalorienarmer/-freier Süßungsmittel bei der Unterstützung einer leichten Gewichtsabnahme, insbesondere wenn sie anstelle von Zucker verwendet werden.1-4 In der jüngsten Review-Studie der WHO1 wurde eine signifikante Verringerung der Zucker- und Energieaufnahme, des Körpergewichts und der Adipositas-Maße festgestellt, was mit den Ergebnissen der von der DNSG unterstützten systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse2 und früherer Veröffentlichungen übereinstimmt.3,4 Wichtig ist auch, dass weder die Review-Studie der Weltgesundheitsorganisation noch die auf der Konferenz vorgestellte von der DNSG unterstützte Studie Hinweise auf negative Auswirkungen auf kardiometabolische Risikofaktoren einschließlich Blutzucker- und Insulinspiegel, Blutfette und Blutdruck gefunden haben.

Erkenntnisse aus Beobachtungsstudien haben zu einer interessanten Diskussion auf der Veranstaltung geführt, denn die Frage nach der umgekehrten Kausalität, von denen Ergebnisse dieser Art von Studien beeinflusst werden, ist nach wie vor unbeantwortet. In einer früheren WHO-Studie wurde hervorgehoben, dass ein in Beobachtungsstudien festgestellter positiver Zusammenhang zwischen dem Verzehr von kalorienarmen/-freien Süßstoffen und Gewichtszunahme möglicherweise die Folge und nicht die Ursache von Übergewicht und Adipositas ist.5 In ähnlicher Weise könnte ein positiver Zusammenhang zwischen dem Verzehr von kalorienarmen/-freien Süßstoffen und Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Adipositas und andere Störfaktoren beobachtet werden, da Residual Confounding nicht ausgeschlossen werden kann.6 Wie auf der Veranstaltung hervorgehoben wurde, besteht eine weitere wichtige Beschränkung der meisten Beobachtungsstudien darin, dass dabei die Selbstangabe zur Aufnahme von Süßungsmitteln nur als Baseline zu Beginn der Studie erfasst wird und nur eine Aufnahmemenge mit dem Krankheitsergebnis Jahre später verglichen wird, ohne dass Angaben zur Entwicklung des Süßungsmittelkonsums im Laufe der Jahre vorliegen.7 Auf Grundlage von auf diesem Symposium zum ersten Mal vorgestellten und noch nicht veröffentlichten Daten zeigen Metaanalysen prospektiver Kohortenstudien, dass der Ersatz zuckergesüßter Getränke durch kalorienarm/-frei gesüßten Getränke mit einer Verringerung der Inzidenz von Adipositas und Herzkrankheiten und der Gesamtsterblichkeit einhergeht, wenn neue statistische Methoden angewandt werden, die helfen sollen, einige dieser Beschränkungen zu überwinden, wie z. B. Substitutions- und Änderungsanalysen.

Während der Diskussion über die Notwendigkeit höherer Standards bei Design, Analyse, Auswertung und Berichterstattung von Researchprojekten wurde empfohlen, dass Auswahl und Zitierung von Ergebnissen die Ausgewogenheit und das Gewicht verschiedener Arten von Erkenntnissen angemessen widerspiegeln sollte, insbesondere wenn Daten aus RCT mit relevanten Expositionen und Populationen verfügbar sind.8 Dabei sollte die Vermittlung in den Medien sollte auch die Gesamtheit der wissenschaftlichen Erkenntnisse widerspiegeln, um Verbrauchern zu helfen, die Rolle von kalorienarmen/-freien Süßungsmitteln bei Gewichts- und Diabeteskontrolle zu verstehen und bestehende Zweifel zu klären.9

Was bedeuten die neuen Erkenntnisse für Menschen, die mit Übergewicht, Adipositas oder Diabetes leben?

Menschen versuchen zunehmend, übermäßigen Zuckerkonsum einzuschränken, um die allgemeine Qualität ihrer Ernährung zu verbessern und ihr Körpergewicht unter Kontrolle zu halten.10 Menschen mit Diabetes müssen darüber hinaus ihre Kohlenhydrat- und Zuckeraufnahme kontrollieren, um ihren Blutzuckerspiegel angemessen zu regulieren. Die angeborene Vorliebe für süß schmeckende Lebensmittel und Getränke stellt jedoch oft ein Hindernis für den Verzicht auf Zucker dar. Produkte, die mit kalorienarmen/-freien Süßstoffen gesüßt sind, die keinen oder weniger Zucker und weniger Kalorien enthalten, aber immer noch süß schmecken, können eine hilfreiche Ersatzstrategie für zuckergesüßte Produkte dienen, da ihre nützliche Rolle bei der Reduzierung von Zucker und Energie (Kalorien) belegt ist. Menschen mit Übergewicht, Adipositas oder Diabetes sollten bei der Bemühung, ihr Körpergewicht und ihren Blutzuckerspiegel unter Kontrolle zu haben, eine Auswahl an ungesüßten und kalorienarmen/-frei gesüßten Produkten zur Verfügung haben, um nicht das Gefühl zu haben, auf Geschmack oder Auswahl verzichten zu müssen.

  1. World Health Organization, Rios-Leyvraz, Magali & Montez, Jason. (‎2022)‎. Health effects of the use of non-sugar sweeteners: a systematic review and meta-analysis. World Health Organization.https://apps.who.int/iris/handle/10665/353064. License: CC BY-NC-SA 3.0 IGO
  2. McGlynn ND, Khan TA, Wang L, et al. Association of Low- and No-Calorie Sweetened Beverages as a Replacement for Sugar-Sweetened Beverages With Body Weight and Cardiometabolic Risk: A Systematic Review and Meta-analysis.JAMA Network Open 2022;5(3):e222092
  3. Rogers PJ and Appleton KM. The effects of low-calorie sweeteners on energy intake and body weight: a systematic review and meta-analyses of sustained intervention studies. Int J Obes 2021; 45(3): 464-478
  4. Laviada-Molina H, Molina-Segui F, Pérez-Gaxiola G, et al. Effects of nonnutritive sweeteners on body weight and BMI in diverse clinical contexts: Systematic review and meta-analysis. Obesity Reviews 2020;21(7):e13020
  5. Lohner S, Toews I & Meerpohl JJ. Health outcomes of non-nutritive sweeteners: analysis of the research landscape. Nutr J 2017;16(1):55
  6. Sievenpiper JL, Khan TA, Ha V, Viguiliouk E, Auyeung R. The importance of study design in the assessment of non-nutritive sweeteners and cardiometabolic health. A letter in response to Azad et al study in CMAJ. CMAJ 2017; 189(46):E1424-E1425
  7. Khan TA, Malik VS, Sievenpiper JL. Letter by Khan et al Regarding Article, „Artificially Sweetened Beverages and Stroke, Coronary Heart Disease, and All-Cause Mortality in the Women’s Health Initiative“. Stroke. 2019 Jun;50(6):e167-e168
  8. Mela DJ, McLaughlin J, Rogers PJ. Perspective: Standards for Research and Reporting on Low-Energy („Artificial“) Sweeteners. Adv Nutr. 2020 May 1;11(3):484-491.
  9. Ashwell M, Gibson S, Bellisle F, Buttriss J, Drewnowski A, Fantino M, Gallagher AM, de Graaf K, Goscinny S, Hardman CA, Laviada-Molina H, López-García R, Magnuson B, Mellor D, Rogers PJ, Rowland I, Russell W, Sievenpiper JL, la Vecchia C. Expert consensus on low-calorie sweeteners: facts, research gaps and suggested actions. Nutr Res Rev. 2020 Jun;33(1):145-154
  10. International Food Information Council. 2022 Food and Health Survey. 18 May 2022. https://foodinsight.org/2022-food-and-health-survey/