Vorteile von kalorienarmen/-freien Süßstoffen für die langfristige Gewichtskontrolle durch neue Studie bestätigt

Abschließende Ergebnisse der Studie von Harrold et al., „Non-nutritive sweetened beverages versus water after a 52-week weight management programme: a randomised controlled trial” [Nicht-nutritiv gesüßte Getränke versus Wasser in einem 52-wöchigen Gewichtsmanagementprogramm: eine randomisierte kontrollierte Studie]

 

Zusammenfassung:

  • Eine neue randomisierte kontrollierte Studie über ein Jahr stellt fest, dass der tägliche Verzehr von kalorienarm/-frei gesüßten Getränken die langfristige Gewichtskontrolle unterstützen kann
  • Die Ergebnisse zeigten einen signifikant höheren Gewichtsverlust bei kalorienarm/kalorienfrei gesüßten Getränken im Vergleich zu Wasser nach 52 Wochen, mit einem bescheidenen Unterschied zwischen den Gruppen
  • Die neue Studie von Harrold et al. untermauert die aktuellen Erkenntnisse aus klinischen Studien, welche die nützliche Rolle von kalorienarmen/-freien Süßstoffen als Mittel zum Erreichen der Gewichtskontrolle unterstützen, im Gegensatz zu den Darstellungen in der bedingten Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

 

Die klinische Forschung berichtet durchgehend von einer reduzierten Kalorienaufnahme und einem Gewichtsverlust bei Menschen, die kalorienarme/-freie Süßstoffe anstellen von Zucker zu sich nehmen. Das ergab eine systematische Übersicht und eine Metaanalyse von randomisiert kontrollierten Studien (RCT)1 durch die WHO und steht auch im Einklang mit mehreren weiteren, in den letzten Jahren veröffentlichten systematischen Übersichten.2-4 Die meisten der in diesen Übersichten analysierten RCT hatten jedoch eine mittlere Laufzeit. Um die Evidenzbasis zu stärken und so politische Empfehlungen zum Verzehr von kalorienarmen/-freien Süßstoffen für die Gewichtskontrolle aussprechen zu können, untersucht diese neue RCT von Harrold und Kollegen die Auswirkungen des Verzehrs von kalorienarm/kalorienfrei gesüßten Getränken im Vergleich zu Wasser auf das Körpergewicht über einen Zeitraum von zwei Jahren.5-7

Dieser Artikel stellt die Ergebnisse der einjährigen Studie vor.7

 

Was hat die SWITCH-Studie herausgefunden?

Die SWITCH Studie (‘The effectS of non-nutritive sWeetened beverages on appetITe during aCtive weigHt loss’) untersuchte die Auswirkungen des täglichen Verzehrs von zwei Portionen kalorienarm/-frei gesüßter Getränke oder Wasser auf das Körpergewicht über eine 12-wöchige Phase mit aktivem Gewichtsverlust, gefolgt von einem 40-wöchigen Zeitraum mit Betreuung zur Erhaltung des Gewichts, und abschließend nach einem zweiten Jahr mit einer freiwilligen, nicht betreuten Erweiterungsphase zur Erhaltung des Gewichts.5 Insgesamt 493 Erwachsene mit Übergewicht oder Adipositas ohne größere gesundheitliche Probleme wurden in die Studie aufgenommen, und 262 Teilnehmer blieben bis zum Ende der 52. Woche in der Studie.7

Während der ersten 12 Wochen mit aktivem Gewichtsverlust, in denen die Teilnehmer wöchentlich in Gruppen an einem Abnehmprogramm teilnahmen und täglich Sport trieben, hatte der Verzehr von Getränken mit kalorienarmen/-freien Süßstoffen vergleichbare Auswirkungen wie Wasser auf den Gewichtsverlust (ca. -6kg), selbst bei Personen, die normalerweise keine Diätgetränke verzehren.6 Dieser Gewichtsverlust ging mit einem Rückgang der anthropometrischen Maße, der Blutzuckerkontrollmarker, des nüchtern erhobenen Lipidprofils und des Zuckerverzehrs einher.

Am Ende des ersten Jahres, das 40 Wochen mit monatlichen Gruppensitzungen zum Gewichtsmanagement beinhaltete, verloren Teilnehmer, die täglich ein Jahr lang zwei Portionen kalorienarm/-frei gesüßte Getränke verzehrten, 7,5kg im Vergleich zu 6,1kg bei denjenigen, die Wasser tranken.7 Der Gewichtsverlust war signifikant höher mit kalorienarm/kalorienfrei gesüßten Getränken als mit Wasser, doch wurde der Unterschied als bescheiden bewertet. Nahezu alle anderen Ergebnisse im Zusammenhang mit dem Gewicht verbesserten sich ebenfalls in beiden Gruppen: Eine Senkung des Blutdrucks, des LDL-Cholesterins sowie eine verbesserte Leberfunktion wurden aus beiden Gruppen berichtet. Die Ergebnisse waren zudem identisch bei Personen, die gewohnheitsmäßig kalorienarm/-frei gesüßte Getränke zu sich nehmen, und solchen, die normalerweise keine kalorienreduzierten Getränke trinken.

Eine dritte, freiwillige und unbetreute Phase der Gewichtserhaltung ist noch am Laufen und wird ein weiteres Jahr dauern. Das bedeutet, dass die Teilnahme der Freiwilligen an der Studie sich auf insgesamt 2 Jahre erstreckt.

 

Warum sind diese Erkenntnisse wichtig?

In einer Pressemeldung der Universität von Liverpool erklärten die Autoren: „Unsere Studie erfasst die entscheidenden langfristigen Auswirkungen des Verzehrs von Süßstoffen auf das Verhalten, die Expression des Appetits und die Ernährungsvorlieben sowie auf das Gewicht und auf andere gesundheitsrelevante Ergebnisse. Die Ergebnisse unterstützen die Erkenntnisse aus vorherigen Studien und zeigen, dass der Verzehr von mit nicht-nutritiven Süßstoffen (NNS) gesüßten Getränken im Vergleich zu Wasser die Gewichtskontrolle nicht beeinträchtigt.“

Die Ergebnisse der neuen Studie entsprechen den Erkenntnissen aus vorangegangenen randomisierten kontrollierten Studien, die für die nützliche Rolle von kalorienarmen/-freien Süßstoffen für eine langfristige Gewichtskontrolle sprechen. Eine vorherige randomisierte kontrollierte Studie über 52 Wochen von Peters et al. verglich die Auswirkungen von Diätgetränken und Wasser auf den Gewichtsverlust und das Halten des Gewichts und stellte fest, dass kalorienarm/-frei gesüßte Getränke Wasser überlegen sind, und zwar beim Gewichtsverlust (–6,2 versus  –2,5 kg jeweils) und als Hilfe für die Teilnehmer, um das neue Gewicht über einen Zeitraum von einem Jahr zu halten.8 Eine ältere Studie stellte auch fest, dass der Verzehr von kalorienarmen/-freien Süßstoffen dabei helfen kann, den Gewichtsverlust über 2 Jahre zu halten, wenn es sich um eine Maßnahme im Rahmen eines Gewichtsmanagementprogramms handelt.9 Mehrere andere randomisierte kontrollierte Studien mit einer Laufzeit von bis zu 6 Monaten berichteten, dass die Substitution von Zucker durch kalorienarme/-freie Süßstoffe zu einer signifikanten Reduzierung des Körpergewichts bei Erwachsenen mit Übergewicht und Adipositas führte.1-4

Obwohl die Erkenntnisse aus randomisierten kontrollierten Studien die Verwendung von kalorienarmen/-freien Süßstoffen für die Gewichtskontrolle durchgehend untermauern, spricht sich die WHO in einer bedingten Empfehlung gegen die Verwendung von zuckerfreien Süßstoffen als Mittel zur Kontrolle des Körpergewichts aus.10 Wissenschaftler geben zu bedenken, dass die Richtlinie der WHO die RCT-basierten Erkenntnisse vernachlässigt und sich ausschließlich auf prospektive Kohortenstudien stützt, die für Verzerrungen anfällig sind und keine Kausalität postulieren können. Damit wird die etablierte Evidenzhierarchie, wie sie in GRADE beschrieben wird, übergangen.11 Laut Empfehlungen von Khan und Kollegen sollten bei Erkenntnissen, die aus Studien und Kohortenstudien stammen, die Daten aus RCT den Vorrang erhalten.

Als Rechtfertigung für die Nichtbeachtung der Studienergebnisse gab die WHO an, dass die Ergebnisse kurzfristig seien und somit keine Erkenntnisse zu den langfristigen Auswirkungen lieferten. Dabei umfasste die Metaanalyse der WHO 1 jedoch Studien mit Laufzeiten von sechs Monaten bis zu einem Jahr, ohne Hinweise auf eine Änderung der Auswirkungen aufgrund der Studiendauer. Diese letzte Studie von Harrold et al. liefert neue Daten für die breite Palette bereits vorhandener Erkenntnisse, welche übereinstimmend die positiven Auswirkungen kalorienarmer/-freier Süßstoffe auf die langfristige Gewichtskontrolle untermauerten und der von der WHO vorgebrachten Begründung entgegenstehen.

 

*This trial was funded by the American Beverage Association. The American Beverage Association was not involved in the design, conduct or interpretation of this trial; a representative from the American Beverage Association was provided with the opportunity to review the manuscript. Final decisions regarding the content were retained by the authors. The manuscript was developed with the assistance of a medical writer, funded by the American Beverage Association, under the direction of the authors. A third-party organisation (Biofortis) audited data at the clinical site to check for the accuracy and integrity of the data.

  1. Rios-Leyvraz M and Montez J‎. Health effects of the use of non-sugar sweeteners: a systematic review and meta-analysis. World Health Organization 2022. License: CC BY-NC-SA 3.0 IGO. https://www.who.int/publications/i/item/9789240046429
  2. Laviada-Molina H, Molina-Segui F, Pérez-Gaxiola G, et al. Effects of nonnutritive sweeteners on body weight and BMI in diverse clinical contexts: Systematic review and meta-analysis. Obes Rev. 2020;21(7):e13020.
  3. Rogers PJ, Appleton KM.The effects of low-calorie sweeteners on energy intake and body weight: a systematic review and meta-analyses of sustained intervention studies. Int J Obes (Lond.). 2021;45(3):464-478.
  4. McGlynn ND, Khan TA, Wang L, et al. Association of Low- and No-Calorie Sweetened Beverages as a Replacement for Sugar-Sweetened Beverages With Body Weight and Cardiometabolic Risk: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Network Open. 2022;5(3):e222092.
  5. Masic U, Harrold JA, Christiansen P, et al. EffectS of non-nutritive sWeetened beverages on appetITe during aCtive weigHt loss (SWITCH): protocol for a randomized, controlled trial assessing the effects of non-nutritive sweetened beverages compared to water during a 12-week weight loss period and a follow up weight maintenance period. Contemp Clin Trials. 2017;53:80–8.
  6. Harrold JA, Hill S, Radu C, et al. Effects of non-nutritive sweetened beverages versus water after a 12-week weight loss program: a randomized controlled trial. Obesity (Silver Spring). 2023;31:1996–2008
  7. Harrold JA, Hill S, Radu C, et al. Non-nutritive sweetened beverages versus water after a 52-week weight management programme: a randomised controlled trial. Int JObes (Lond). 2023 Oct 5. https://doi.org/10.1038/s41366-023-01393-3
  8. Peters JC, Beck J, Cardel M, et al. The effects of water and non-nutritive sweetened beverages on weight loss and weight maintenance: a randomized clinical trial. Obesity (Silver Spring). 2016;24:297–304.
  9. Blackburn GL, Kanders BS, Lavin PT, Keller SD, Whatley J. The effect of aspartame as part of a multidisciplinary weight-control program on short- and long-term control of body weight. Am J Clin Nutr. 1997;65:409–18.
  10. World Health Organization (WHO). Use of non-sugar sweeteners: WHO guideline. Geneva: World Health Organization; 2023. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO. https://www.who.int/publications/i/item/9789240073616
  11. Khan TA, Lee JJ, Ayoub-Charette S, et al. WHO guideline on the use of non-sugar sweeteners: a need for reconsideration. Eur J Clin Nutr 2023 Sep18. https://doi.org/10.1038/s41430-023-01314-7