Die wichtigsten Auszüge aus einem Webinar des Europäischen Dachverbands der Diätassistenten (EFAD)
Die Hauptaspekte:
- Infolge der Besorgnis seitens der öffentlichen Gesundheitsbehörden wegen des übermäßigen Zuckerkonsums setzen die Länder Europas eine Reihe von Strategien und Richtlinien zur Senkung der Aufnahme von Zucker über die Nahrung.
- Zu den empfohlenen Maßnahmen gehören die Reformulierung von Speisen und Getränken und die Verringerung der Portionsgrößen durch die Lebensmittelindustrie. Ziel ist die Schaffung eines Umfelds zur Förderung einer gesünderen Ernährung.
- Kalorienarme/-freie Süßstoffe können solche Reformulierungen unterstützen, da sie die Produkte trotz geringeren Zuckeranteils und Energiegehalts schmackhaft halten. Noch höher ist die Kalorienreduktion, die sich bei Getränken erreichen lässt.
- Neuere Datenerhebungen zeigen, dass kalorienarm/-frei gesüßte Getränke eine Reduzierung des Körpergewichts und eine Verbesserung bei den kardiometabolischen Risikofaktoren bewirken, wenn die betreffenden Süßstoffe als Ersatzstoffe den übermäßigen Kaloriengehalt gezuckerter Getränke senken.
- Kalorienarme/-freie Süßstoffe haben ihren festen Platz in verschiedenen Ernährungsmustern für Diabetiker, denn sie unterstützen die Kontrolle des Blutzuckerspiegels und die Regulierung des Körpergewichts. Diesen Standpunkt teilen und unterstützen die führenden Diabetesverbände Europas, der USA und Kanadas.
Das im Zuge der neuen Normalität wachsende Angebot an Onlineschulungen bietet Gesundheitsexperten eine hervorragende Möglichkeit, sich hinsichtlich wichtiger ernährungsbezogener Themen anhand von Informationen der besten Forscher dieses Gebiets auf dem Laufenden zu halten. Wissenschaftliche Online-Events wie das Webinar zur Senkung des Zuckerkonsums und zu kalorienarmen/-freien Süßstoffen, das vom Europäischen Dachverband der Diätassistenten, der European Federation of Associations of Dietitians (EFAD), veranstaltet und von der International Sweeteners Association (ISA) unterstützt wurde, bringen führende internationale Akademiker zusammen und bieten ihnen die Möglichkeit, sich über ihre Forschungen auszutauschen und die neuesten Erkenntnisse zu diesem Thema zu diskutieren.
Die neuesten Empfehlungen zum Verzehr von Zucker und Süßstoffen
Prof. Maria Hassapidou von der International Hellenic University in Griechenland erinnerte an die Richtlinie, in welcher die Weltgesundheitsorganisation WHO Erwachsenen und Kindern eine Reduzierung des Verzehrs freien Zuckers auf weniger als 10 % der täglichen Energieaufnahme empfiehlt, und wenn möglich sogar auf weniger als 5 %.1 Prof. Hassapidou stellte Daten vor, die belegen, dass kalorienarme/-freie Süßstoffe dabei helfen können, den Empfehlungen zur Reduzierung des Zuckerkonsums nachzukommen2, indem sie die Gesamtkalorienaufnahme reduzieren und dadurch zur Reduzierung des Körpergewichts beitragen.3,4 Dabei trügen sie wahrscheinlich zu einer insgesamt höheren Ernährungsqualität bei5.
Gesundheitspolitische Leitlinien zur Zuckerreduzierung in Europa: die wirksamsten Strategien
Prof. Alison Gallagher von der Ulster University in Nordirland stellte eine Zusammenfassung von Strategieempfehlungen zusammen, die auf eine Reduzierung des Zuckerkonsums abzielen. Darunter waren Empfehlungen der WHO6, der Europäischen Union7, der Gesundheitsbehörde Public Health England8 und der französischen Gesundheitsbehörde Agence Nationale De Santé Publique (ANSES)9.
Die Reformulierung von Speisen und Getränken sowie die Reduzierung der Portionsgrößen zählen zu den Maßnahmen, die der Lebensmittelindustrie zur Unterstützung eines gesünderen Ernährungsumfelds nahegelegt werden. Gewiss haben kalorienarme/-freie Süßstoffe ihren Platz im Rahmen der Anstrengungen zur Reformulierung, denn sie halten die Produkte schmackhaft, reduzieren jedoch den Zucker- und Kaloriengehalt. Die Reformulierung von Produkten trägt zum Angebot gesünderer Alternativen bei, obgleich der Kurs bei der Reformulierung von Lebensmitteln nicht so klar ist wie bei Getränken. Anschaulich macht dies der Fortschrittsbericht zum Zuckerreduktionsprogramm Großbritanniens für die Jahre 2015–18. Demnach war die Zuckerreduktion bei manchen Lebensmittelkategorien (wie etwa Joghurt und Frühstücksflocken) erfolgreicher als bei anderen.10 Im Getränkebereich wurde im VK im April 2018 im Rahmen der gesundheitspolitischen Anstrengungen zur Reduzierung des Zuckerkonsums eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke eingeführt. Das bewirkte eine freiwillige Senkung des Zuckeranteils bei 50 % aller Getränke, noch ehe die Steuer wirksam wurde.
Prof. Gallagher zog die Schlussfolgerung, dass bei Strategien zur Reduzierung des Zuckerkonsums in der Bevölkerung generell solche Ansätze vorzuziehen sind, die eher auf die gesamte Ernährung als auf einzelne Kategorien von Lebensmitteln abzielen. Über die Einflussnahme auf den Zuckergehalt der Produkte hinaus sei auch die Überwachung der Aufnahme von Zucker und Süßstoffen anhand präziser Methoden notwendig, um die Wirksamkeit der verschiedenen Ansätze zu verifizieren.
Welche Rolle spielen kalorienarme/-freie Süßstoffe in den verschiedenen Ernährungsmustern für Diabetiker?
Prof. Anne Raben von der University of Copenhagen, Dänemark, erörterte die Schlussfolgerungen aktueller systematischer Studien zur Rolle kalorienarmer/-freier Süßstoffe bei der Blutzuckerkontrolle. Eine Metastudie zu 24 klinischen Tests kam zu dem Ergebnis, dass der Verzehr kalorienarmer/-freier Süßstoffe im Vergleich zu einer Kontrollgruppe keine akuten Auswirkungen auf die postprandiale Blutzuckerkontrolle oder Insulinkontrolle hat. Bei Patienten mit Diabetes Typ 2 wurde sogar eine leicht positive Auswirkung auf die postprandiale Blutzuckerkontrolle festgestellt.11 Prof. Raben erinnerte daran, dass die American Diabetes Association (ADA)12, Diabetes UK13 und Diabetes Canada14 das Ersetzen von Zucker durch kalorienarmer/-freier Süßstoffe generell befürworten. In ihren Schlussfolgerungen brachte Prof. Raben zum Ausdruck, dass kalorienarme/-freie Süßstoffe ihren festen Platz in verschiedenen Ernährungsmustern für Diabetiker haben, denn sie unterstützen die Kontrolle des Blutzuckerspiegels und die Regulierung des Körpergewichts.
Verringert da Ersetzen von Zucker durch LNCS das kardiometabolische Risiko?
Dr. John Sievenpiper von der University of Toronto, Kanada, stellte eine Reihe systematischer Forschungsüberblicke und Metaanalysen vor, die unterstützend zur Entwicklung von Richtlinien durch die Arbeitsgruppe Nutrition Study Group (DNSG) der European Association for the Study of Diabetes (EASD) herangezogen werden sollen. Die Forschungsüberblicke sollen die bislang nicht lückenlosen Belege vervollständigen und sie wurden bereits zur Veröffentlichung vorgelegt.
Eine vernetzte Metaanalyse randomisierter kontrollierter Studien kam zu dem Ergebnis, dass das vorgesehene Ersetzen mit Zucker gesüßter Getränke durch kalorienarm/-frei gesüßte Alternativen eine Verbesserung bei den kardiometabolischen Risikofaktoren (Reduzierung des Körpergewichts und Körperfettes, der Triglyceride und des Leberfetts) bewirkt15 Darüber hinaus kam eine Substitutionsanalyse prospektiver Kohortenstudien zu dem Ergebnis, dass das Ersetzen gezuckerter Getränke mit Diätalternativen einhergeht mit einer Reduzierung des Körpergewichts, des Diabetesrisikos sowie der kardiovaskulären und allgemeinen Mortalität.16Diese Belege sprechen für die Verwendung kalorienarm/-frei gesüßter Getränke als Alternative und Ersatzstrategie für zuckergesüßte Getränke..
Dr. Sievenpiper plädierte zum Abschluss für ein Umdenken in der Forschung zu Süßmitteln und der Interpretation wissenschaftlicher Studien und ging damit auf die Diskrepanzen zwischen verschiedenen Empfehlungen hinsichtlich der Verwendung kalorienarmer/-freier Süßstoffe ein.17 Die gegenwärtige Literatur zu kalorienarmen/-freien Süßstoffen und zu den kardiometabolischen Risikofaktoren weise bedeutende methodologische Probleme auf, die man bei der Bewertung dieser Studien zu berücksichtigen habe. Zum Beispiel gäbe es systematische Forschungsüberblicke, die Studien zusammenfassen und analysieren, welche einerseits Zucker mit Süßstoffen und andererseits Süßstoffe mit Wasser vergleichen, was mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führe, dass die tatsächlichen Effekte kalorienarmer/-freier Süßstoffe beim beabsichtigten Ersetzen von Kalorien und Zucker unterschätzt würden. Der potentielle Nutzen und die Effekte kalorienarmer/-freier Süßstoffe seien im korrekten Kontext zu untersuchen – nämlich durch die Evaluierung und Bewertung des beabsichtigten Ersetzens von Zucker durch kalorienarme/-freie Süßstoffe.
Wer die Liveübertragung versäumt hat, jedoch an den neuesten wissenschaftlichen Informationen zu diesem Thema interessiert ist, kann sich das Webinar nachträglich ansehen, indem er hier klickt.